Drohbrief gegen Türkische Moschee in Röthenbach


RÖTHENBACH AN DER PEGNITZ, LKR NÜRNBERGER LAND. Schwere Drohung gegen eine türkische Moschee in Röthenbach. In einem blauen Briefumschlag steckte eine Karte mit einem „Glücksschwein“ und mit einem Projektil. Handschriftlich in Druckbuchstaben steht geschrieben: „Ihr werdet niemals sicher sein“. Der Staatsschutz ermittelt bereits, wie unsere Redaktion erfuhr.




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Am Donnerstag fanden Mitglieder der türkischen Gemeinde gegenüber des Bahnhofs den Umschlag im Hausbriefkasten. Es könnte sich sogar um eine scharfe Patrone handeln, meint BayRep-Waffenexperten Michael Reichert. „Vielleicht eine 7,65 Browning“. Aber das ist nur eine Ferndiagnose, denn das Projektil wurde der Polizei übergeben, die solche Kaliber früher selbst nutzte.  Spezialisten prüfen jetzt Brief, Karte und Patrone.

Polizei ermittelt

Schnell machten Fotos die Runde im Internet und Kritiker glaubten nicht an die Echtheit der Briefsendung. Andere meinten, man müsse sich keine Sorgen machen, eine Patrone sei nicht tragisch. Dabei unterschätzen diese Menschen die Gefahr. Denn hinter der Patrone versteckt sich eine Botschaft, eine lebensbedrohliche Drohung. „Ihr werdet niemals sicher sein“. Auch bei der Polizei ist der Fall bereits bekannt, sagt Pressesprecher Michael Konrad. Der türkische Verein hat bereits Anzeige erstattet.



Täter wohl nicht aus der Region?

Zu den Ermittlungen und ersten Ansätzen, kann sich Konrad nicht äußern, wie er sagt. Auch nicht, ob es bereits einen dringend Tatverdächtigen gibt. Denn vor geraumer Zeit kam es ja bereits vor der Moschee zu einer rechtsgerichteten Drohung durch einen amtsbekannten Mann aus dem Stadtgebiet. „Der Staatsschutz kennt den Fall von damals“, sagt Konrad. Aber es wäre zu früh, hier Mutmaßungen anzustellen. Natürlich müsse man laut dem Sprecher auch hier einen Zusammenhang und auch das Schriftbild prüfen. Aber in erster Linie stütze man sich nun auf die kriminaltechnischen Untersuchungen.

Im April 2017 marschierte ein damals 35-Jähriger in auffälliger Montur vor die türkische Moschee am Röthenbacher Bahnhofsplatz. Auf seiner Kleidung waren Hakenkreuze angebracht, sein Arm zum Hitlergruß gestreckt. Dabei rief er immer wieder „Sieg Heil“ und „Heil Hitler“. Besorgte Besucher der Moschee riefen die Polizei. Auch in Anwesenheit der Beamten drohte er immer wieder, dass er „die Dreckstürken alle umbringen würde“, weil er Muslime hasse.



Offenbar ein Serientäter

Wahrscheinlicher sei laut Polizeiangaben ein bundesweiter Serientäter.

Die Ermittler der Kriminalpolizei Schwabach gehen in ihrer ersten Bewertung davon aus, dass sich der aktuelle Brief in eine bestehende Serie von gleichartigen Bedrohungsschreiben einreihen lässt. Seit Dezember 2019 ermitteln die Beamten des polizeilichen Staatsschutzes in Schwabach in mehreren ähnlich gelagerten Fällen. Entsprechende Drohbriefe, denen teilweise Patronen beilagen, waren hier an Personen des regionalen politischen Lebens versandt worden. Auch diesen Schreiben lagen teilweise Patronen bei, bei denen es sich bislang jeweils um echte Munition handelte. Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen in dieser Bedrohungsserie laufen auf Hochtouren. Bereits seit Anfang Dezember 2019 ist zu diesem Zweck eine Ermittlungskommission (EKO) eingerichtet worden. Aktuell arbeiten acht Beamte intensiv an der Aufklärung der Bedrohungsserie.

Sicherheitsmaßnahmen verschärft

Nach seiner Festnahme soll der Mann zur Polizei gesagt haben, dass es gut gewesen wäre, ihn zu verhaften. Er hätte sonst alle umgebracht. Er würde lieber selbst sterben, als dass die ganzen Muslime weiterleben dürfen. Kevin R. ist kein Unbekannter bei der Polizei. Schon des Öfteren musste wegen fremdenfeindlichen Äußerungen und Beleidigungen ermittelt werden, teilte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken mit.

Unabhängig von dieser Drohung wurden die Sicherheitsmaßnahmen für die Moschee natürlich erhöht, sagt Konrad. Gerade nach dem Vorfall von Hanau. Wie das genau aussieht, da will man sich seitens der Polizei nicht in die Karten schauen lassen. Aber gerade jetzt will man diese Maßnahmen auf jeden Fall fortführen, so Konrad weiter. „Die Polizei reagiert mit entsprechenden Maßnahmen lageangepasst auf derartige Bedrohungsszenarien“. Mit betroffenen Organisationen und Personen steht die mittelfränkische Polizei hierbei in engem Austausch.



Rechte Hetze in neuem Ausmaß

Ist Röthenbach ein potentielles Ziel, rechter Gewalt? „Das ist mittlerweile wahrscheinlich jeder in der ganzen Republik, der klare Stellung bezieht“, sagt Bürgermeister Klaus Hacker. Er nimmt die Angelegenheit sehr ernst. Die Grenzen seien schon lange überschritten. Nach Hass, Hetze, Diffamierungen im verbalen Bereich, sieht er jetzt der nächste Schritt. Was in anderen Orten schon traurige Wahrheit wurde, droht jetzt auch der kleinen Stadt Röthenbach, die insgesamt rund 1.300 Muslime zu den Einwohnern zählt.

Stecken wir nicht den Kopf in den Sand sondern zeigen wir Zusammenhalt und Solidarität mit unseren türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Erst letzte Woche waren wir im Gespräch, um wegen den Morden in Hanau unser Mitgefühl auszudrücken, aber auch um zu zeigen, dass Hass, Intoleranz und Respektlosigkeit bei uns keinen Platz haben. Röthenbach ist bunt, offen, transparent, demokratisch. Dies habe ich als Bürgermeister schon sehr oft kommuniziert und darauf bin nicht nur ich sondern die Röthenbacherinnen und Röthenbacher stolz. (Bürgermeister Klaus Hacker)



Welle der Solidarität

Hacker hofft jetzt, dass die zuständigen Polizeibehörden möglich schnell und zielorientiert den oder die Täter ermitteln und diese dann auch verurteilt werden. Ob es jetzt Solidaritätsbekundungen gibt, ist noch unklar. Über weitere Aktionen und Veranstaltungen will er informieren. Jetzt gelte aber mehr als bisher: „Für ein friedliches Miteinander in einer offenen Gesellschaft“, sagt Hacker. 

Auch der Laufer Bürgermeister, Benedikt Bisping, zeigte sich entsetzt. „Meine volle Solidarität, liebe MitbürgerInnen, ganz gleich ob in unserer Patenstadt Röthenbach, in unserem Lauf oder sonst wo“, schrieb er in einem Facebookposting. Alles was das Böse benötigt, um zu triumphieren, ist das Schweigen der Mehrheit“, so zitiert Bisping den ehemaligen UNO-Generalsekretär Kofi Annan. Gesprochen habe man über genau so eine Befürchtung erst vor ein paar Tagen. In der Moschee, die 430 Mitglieder zählt, fand eine Gedenkfeier für die zehn Opfer des rassistisch motivierten Anschlags von Hanau statt.



Die Röthenbacher Moschee, im April 2017 nach einer Bedrohungslage.

„Wir sind ein demokratischer Rechtsstaat. Wir werden mit allen Mitteln auf solche Aktionen reagieren.“ , sagt Norbert Dünkel, CSU-Landtagsabgeordneter für den Stimmkreis Nürnberger Land. Die Bunte Liste Nürnberger Land veröffentlichte ebenfalls ein Statement: „Wir sind entsetzt und unendlich wütend sowie fassungslos. Und dennoch fehlen uns nicht die Worte. Wir werden niemals über solche Untaten schweigen. Wir werden uns wehren. Als Demokraten. Parteiübergreifend.“



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