„Frauen sollen sich nicht wundern, wenn sie sexuell belästigt werden“
WEIDEN. Frauen, die Kleider tragen, seien Flittchen. Sie bräuchten sich nicht zu wundern, wenn sie sexuell belästigt werden. Eine in Weiden wohnende Frau machte ihrem Groll in Facebook Luft. Dabei stellt sie Frauen als Freiwild dar, nur weil sie sich sommerlich kleiden. Auf den Fotos zumindest sieht man nichts, was anstößig ist.
Die aus Mosambik stammende 29-Jährige zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Zumindest im Internet. Mit ihrer Aussage, dass es die Frauen sind, die Männer provozieren und belästigen, stößt sie auf wenig Gegenliebe. „Die Frauen fangen doch an, wenn sie nur Bluse ohne Unterteil tragen“, schreibt sie in einer Facebookgruppe. Doch damit nicht genug. Es sei eine kranke Welt, wenn Frauen im gewissen Alter halb nackt auf der Straße herumlaufen würden.
Mit „halb nackt“ und „im gewissen Alter“ meint die 29-Jährige eine bislang unbekannte Frau aus Weiden, die von der empörten Nutzerin fotografiert und ins Netz gestellt wurde. Ein normales Tagesoutfit, will man meinen. Ein knielanges Kleid, auf einer Seite etwas geschnitten. Flache Schuhe. Nichts wildes also. Das Motiv der 29-Jährigen, unklar.
Nadja (29) sagt im Gespräch mit Bayern-Reporter, dass es ihr in keinster Weise um religiöse Ansichten gehe. Sie selbst trage nicht einmal ein Kopftuch. Es gehe ihr um die Provokation der Männer und dass sich Frauen nicht wundern müssen, wenn sie sexuell belästigt werden.
Sind Frauen also Freiwild, nur weil sie sich attraktiv kleiden? Mit nichten. Zwei Jahre nach #metoo, ist die Lage weiterhin angespannt und Frauen sollten auch nicht die berühmte #Armlänge einhalten müssen. Es sollte im 21. Jahrhundert möglich sein, dass man sein Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht einfordern oder verteidigen muss. Frauen, die sexuell belästigt oder beleidigt werden, sind nicht selbst an ihrer Lage schuld. (Markus Roider, Redaktionsleiter)
Keine Seltenheit
Nach einer aktuellen Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2018 ist jede vierte Frau in Deutschland alleine schon an ihrem Arbeitsplatz Opfer sexueller Belästigung geworden. Also ein gängiges Problem in der Gesellschaft. Für weiteren Ärger sorgte bereits im Juni die Aussage einer Soziologin. Barbara Kuchler hatte im Rahmen des Kirchentages Frauen kritisiert, die „sehr bereitwillig“ an einem gesellschaftlichen System teilnehmen, in dem bei Frauen mehr auf das Aussehen geachtet werde.
Wenn Frauen sich schminkten, die Augenbrauen zupften und enge Kleidung trugen, müssten sie sich nicht wundern, „wenn sie angesehen werden und es zu Grabschereien kommt“, sagte die Wissenschaftlerin von der Universität Bielefeld. Dass Männer einen Minirock auf eine bestimmte Art wahr nähmen, könne ihnen nicht verübelt werden, sagt die Soziologin. Ein wenig ruderte die Frau zunächst zurück, bevor sie dann nochmal eins drauf setzte. Zwar müssten Männer „ihre Hände in Griff haben“, sagte Kuchler, es sei aber „soziologische Augenwischerei“, wenn eine Frau verlange, nur nach ihrer Leistung beurteilt zu werden, wenn sie aufgestylt ins Büro komme. Die Verantwortung von Übergrifflichkeit liege „teilweise bei der einzelnen Frau“, sagte sie.
Frauen melden sich zu Wort
„Styling ist mein Leben“, sagt die 23-jährige Rebecca aus Weiden. Bislang sei sie in der Öffentlichkeit verschont geblieben, berichtet aber von perversen Bildern, die man ihr im Internet schicke. Wir haben gefragt, wie sie dabei reagiert. „Ich sag ihnen, dass ich einen Frau bin mit Gefühlen und kein billiges Spielzeug für eine Nacht oder wenn sie ganz schlimm sind, werden sie gleich geblockt“. Die Haltung von Nadja und der Soziologin kann sie nicht verstehen. „Ich finde diese Aussage schrecklich, nur weil manche Männer nicht ihre Hormone im Griff haben, sollen wir Frauen daran schuld sein? Dies ist eine Bodenlose Frechheit“. Für Männer, die Frauen sexuell belästigen, sollte es härtere Strafen geben, sagt sie.

Dass aufreizende Outfits noch lange kein Freifahrtschein für sexuelle Belästigungen sind, das findet auch Melanie Samarkin aus Bayreuth. Die 31-Jährige stylt sich gerne auf, wie sie sagt. Aber: „Auch wenn man einen Ausschnitt trägt, heißt das noch lange nicht dass man willig ist. Leider kapieren es viele vom anderen Geschlecht falsch“. Vor rund zwei Jahren sei sie selbst zum Opfer geworden. Ein Mann habe sie sexuell belästigt. Weil Zeugen eingegriffen haben, sei es nicht zum Schlimmsten gekommen, sagt sie. „Nur weil man gerne Ausschnitt gerne trägt, ist das kein Grund angefasst zu werden“. Ein Nein ist und bleibt eben ein Nein.
Der Übergriff habe sie nicht verändert, sie zeige sich weiterhin offen, sei aber vorsichtiger geworden. „Wo kämen wir denn hin, wenn wir jetzt alle vermummt rumlaufen müssten, nur weil manche es nicht unter Kontrolle haben“, fragt die 31-Jährige. Zur Aussage der Soziologin hat sie eine eigene Meinung. Diese sei offenbar noch nie in einer solchen Situation gewesen. „Ich frage mich, was sie sich raus nimmt, über uns so zu urteilen“.
Selbst schuld?
Frauen sollen sich nicht wundern, wenn sie sexuell belästigt werden. Mit diesem Satz stehen die Soziologin und auch die junge Frau aus Mosambik leider nicht alleine da. Auch andere Frauen haben via Facebook gepostet, dass die Freizügigkeit der heutigen Zeit zwangsläufig als Verführung gelte. „Unglaublich, solche Aussagen“, sagt Silke Launert (MdB), die Vorsitzende der Frauenunion in Oberfranken. „Dass Frauen sich hübsch machen bzw anziehen um sich selbst gut zu fühlen, ist wohl nicht zu verstehen“, fragt sich die Abgeordnete. Gegenüber Bayern-Reporter sagt Launert, dass genau solche Aussagen dazu führen, „dass sich so manche Männer, die ein Nein nicht akzeptieren, auch noch im Recht fühlen“.
Aus dem Nachtgewerbe ins Familienleben
Tamara Hackl ist 33 Jahre alt und kommt aus Bayreuth. Sie weiß, wie sie mit Reizen umgeht, sagt sie. Und auch andere Frauen wüssten sehr wohl, was sie anrichten können. „Ich denk eine Frau weiß sehr wohl, welche Auswirkung das Zeigen von viel Haut auf den ein oder anderen Mann hat“, sagt sie im Interview. Und Frauen würden auch gewollt Macht auf den Mann auswirken lassen. „Man regt die Fantasie eines Mannes an und der sollte wissen wo die Grenze ist“. Und wenn er es nicht weiß? „Dann muss man eben auch so viel Eier haben und ihm die Grenzen aufweisen“, sagt Tamara. Sie spiele gerne mit den Männern. Aber als Frau stelle man auch die Regeln selbst auf und müsse es beherrschen, deutlich klar zu machen, wann das Spiel vorbei ist.

Als junge Mutter will sie sich nicht verbieten lassen, Frau zu sein. Es seien genau diese Mütter, die sich gehen lassen, deren Männer dann wo anders hinschauen. Früher sei sie im Nachtgewerbe tätig gewesen. Als Tänzerin und Stripperin, aber auch als Promo-Girl. Da habe man ihr natürlich auch den „Schlampenstempel“ aufgedrückt, sagt sie. Aber heute sei es ruhiger um sie geworden. Sie spricht vom Neid anderer Frauen. Aber vielleicht ist es auch die Angst, dass die eigenen Männer etwas zu genau gucken oder ihre Fantasien spielen lassen“, sagt die 33-Jährige.
Früher habe sie dann auch gerne vorsätzlich provoziert, wenn sie davon Wind bekommen hatte. Viele Frauen hätten durch Ehe und Geburt des Kindes ihr sexy Auftreten abgelegt. „Auch ich bin pragmatischer geworden und bevorzuge einen Turnschuh“. Dabei setze sie heute auf die gesunde Mischung. „Ich achte auf mich und bin noch Frau mit Ausstrahlung, denn die innere Schönheit macht uns Frauen auch in der Jogginghose sexy“. Es müssen eben nicht immer High Heels und Minirock sein. Sie sei vergeben und glücklich mit ihrem heutigen Leben. Sie sei keine Tussi, sondern könne auch putzen, kochen und handwerken. Provozieren würde sie aber auch heute noch gerne, kenne aber ihre Grenzen. Ihr Motto: „Das Leben vor der Haustür ist für uns alle eine Bühne“.
Ich glaub es nicht. Vor Jahren sind wir mit Mini Röcke rum gelaufen usw. Hab ich nie gehört dass das ein Problem war. Warum jetzt auf einmal? Die Männer früher waten auch Männer!
Es geht nicht um Religion, hallo was erzählt denn die für einen Mist.