Gutachter im Fall von Stefan K.: „Das hätte man früher erkennen müssen“


BAYREUTH. Er wurde zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, muss diese bis zum Ende absitzen und dann folgt die Sicherungsverwahrung (wir berichteten). Das kleine sechsjährige Mädchen aus Neuenmarkt im Landkreis Kulmbach war hoffentlich das letzte Opfer von Stefan K. (46). Der Gutachter ist sich sicher: „Das hätte man früher erkennen müssen“.




Seine Therapeuthin sagte vor kurzem noch: „Ich sehe keinen Grund für eine weitere Therapie“ – Kurz darauf missbrauchte er sein nächstes Opfer. Die Justiz war machtlos. Ob es nun Gefährdungsansprachen waren, Prävention, Aufklärungsgespräche oder die ständigen Erinnerungen an seine Auflagen und Weisungen: Stefan K. versicherte stets, dass er nichts mehr mit all dem Schmutz zu tun habe. Doch als er diese Worte im September an einen Präventionsbeamten richtete, hatte er bereits wieder zugeschlagen.

Immer wieder Kinder – und sie werden immer jünger

Was ist das für ein  Mensch, der Bayreuther Partyfotograf, der sich an einer Sechsjährigen vergeht? Hochintelligent, aber einsam und gefährlich. Ein Gutachter kritisiert: „Das hätte man früher erkennen müssen“. Er versteht nicht, wie sein Vorgänger ihn als harmlos einstufen konnte. Es gab so viele Alarmzeichen.

Der Partyfotograf ist einschlägig vorbestraft: Wegen Sex mit Minderjährigen und wegen „übelster“ kinderpornografischer Fotos, auf denen die Kleinen „auf übelste“ gequält wurden, so Michael Eckstein, der Vorsitzende Richter beim Landgericht Bayreuth. Mit Nucki waren hier Kinder zu sehen. „Schmerzerfüllte Gesichter“, erinnerte sich Eckstein. Dass K. gefährlich war, erkannten auch die Mitarbeiter der Gefängnisse, in denen er saß. Die Beamten dort attestierten ihm „erhebliche charakterliche Mängel“.

Mit Detlev Blocher, Psychiater und Sachverständiger, wollte der Partyfotograf gar nicht erst sprechen. Er musste sein Gutachten nach Aktenlage erstellen. Übrigens selbiger Gutachter, der einst im Fall Ulvi Kulac zuständig war. Sein erstes Urteil: Der Fotograf ist „hochintelligent“. Allerdings zeigen sich „Auffälligkeiten im Persönlichkeitsbereich“.  Sein Selbstwertgefühl sei gemindert, auch wegen seines Übergewichts sei er Außenseiter geworden, mit einer geringen Durchsetzungsfähigkeit. Darüber hinaus habe er „Angst, seine eigene Meinung zu vertreten“. Er hat deshalb nur wenige Freunde.



Seine Kindheit war behütet, es gab keine Gewalterfahrung. Die Beamten der Gefängnisse, in denen der selbsternannte Fotograf saß, beschreiben ihn als höflich, freundlich, fleißig und anpassungsfähig. Läuft es nicht so, wie er es gerne hätte, sei er gekränkt. Unterm Strich steht für den Gutachter fest: keine Persönlichkeitsstörung.

Bei dem Partyfotografen liege eine sogenannte Parthenophilie vor, er fühle sich zu jungen Mädchen nach der Pubertät hingezogen. Allerdings gebe es „deutliche Hinweise“ für Pädophilie. Dies belegen die Fotos, die bei ihm gefunden worden. Von Kindern, die sogar noch einen Schnuller im Mund hatten. „Da braucht man keinen Gutachter, um das erkennen zu können“, sagte Blocher vor Gericht aus. Damit kritisierte er klar die Vorgutachten des Dr Rose. „Man hätte es erkennen können“, sagte Blocher. Kuscheltiere, Kinder –  und Damenwäsche, die Ermittler bei dem Angeklagten fanden, hätten weitere Hinweise sein müssen. Fachleute nennen das „Crossing“, wenn sich mehrere sexuelle Vorlieben mischen.

Dem Täter stellte der Gutachter keine gute Prognose. Die Model-Verträge mit jungen Mädchen seien „tatvorbereitende Handlungen“ gewesen. An das Verbot, sich Jugendlichen und Kinder zu nähern, hat der Fotograf sich nie gehalten.  „Kontrolle funktioniert bei ihm nicht“, so das Fazit des Gutachters. „Hier überwiegen eindeutig die negativen Faktoren.“



Sicherungsverwahrung als letztes und einziges Mittel

Staatsanwaltschaft und Nebenklage waren sich einig, acht Jahre und Sicherungsverwahrung forderten sie. Die Verteidigung plädierte zu fünf Jahren und wollte keine Anordnung auf Sicherungsverwahrung. Viel mehr wurde dem Staat eine Mitschuld gegeben. Rechtsanwalt Wolfgang Schwemmer rügte das Verhalten der Berliner Behörden. Man hätte seinen Mandanten überwachen müssen, meinte er. Richter Michael Eckstein wies den Vorwurf entschieden zurück. Natürlich würden die Uhren in Berlin anders ticken, alleine schon weil die Hauptstadt finanziell am Ende sei. Doch sämtliche bisher angewandten Regularieren brachten keinen Erfolg, schilderte Eckstein.

Stefan K. habe sich immer wieder eine Taktik zurecht gelegt. Sämtliche Weisungen und Auflagen wurden generell missachtet. Er machte sich nicht nur seine eigene kleine Welt, er lebte sie. Sieben Jahre seien es nur geworden, weil er seinem Opfer die Aussage vor Gericht ersparte durch sein Geständnis. „Sonst wäre das Urteil noch höher ausgefallen“, so Eckstein. Doch ein echter Bonus sei dies wiederrum auch nicht, denn die Geständnisse, welche der neue Lebensgefährte der Mutter des Opfers sammelte, waren erdrückend. Frühestens in sieben Jahren kann nun geprüft werden, ob die Sicherungsverwahrung noch nötig ist. Doch davon sind die Prozessbeobachter und auch das Gericht überzeugt. Ein Gutachter, der hier wieder den Geheilt-Stempel anbringt, den würde man „öffentlich zerreisen“, sagte Richter Eckstein, wenn erneut etwas passieren würde.

Nach Beginn der Sicherungsverwahrung, hat K. dann ab 2023 jährlich die Möglichkeit, diese Notwendigkeit überprüfen zu lassen. Ab 2033 dann sogar alle neun Monate. Ob er jemals wieder aus dem Gefängnis entlassen wird, hängt erneut von den Gutachtern ab. Sein jüngstes Opfer muss wohl genauso lange in Therapie gehen.



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